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Weibliche Theaterkunst im Mittelpunkt der Eysoldt-Ring-Verleihung

Gertrud-Eysoldt-Ring 2022

Foto: Gregor Ott / GVO MEDIA

Gertrud-Eysoldt-Ring 2022

Foto: Gregor Ott / GVO MEDIA

Bensheim | 20. März 2023 Am Samstagabend (18. März) war die große Theaterbühne wieder zu Gast in Bensheim. Im vollen Parktheater erhielten im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung gleich zwei Schauspielerinnen den Gertrud-Eysoldt-Ring 2022. Alicia Aumüller und Patrycia Ziólkowska wurden für ihr Zusammenspiel in „Ödipus Tyrann“ von Sophokles in der Regie von Nicolas Stemann am Schauspielhaus Zürich geehrt. Die Regisseurin Marie Schleef nahm an diesem Abend den mit 5.000 Euro dotierten Kurt-Hübner-Regiepreis aus den Händen von Jurorin Rita Thiele entgegen. Auf charmant-humorvolle Art unterhielt Sänger und Moderator Christian Friedel, bekannt aus der ARD-Serie „Babylon Berlin“, mit seiner Band „Woods of Birnam“ das Publikum. Dass der Abend ganz im Zeichen von Kunst und Kultur sowie deren Bedeutung für die Gesellschaft stand, kam in den ausdrucksstarken Reden aus Politik und Theaterszene zur Geltung.

Christine Klein begrüßte als Bürgermeisterin der „weltoffenen und kultur-begeisterten Stadt Bensheim“ die anwesenden Gäste und hob die dreifache „Frauen-Power“ hervor, die in den diesjährigen Auszeichnungen zum Ausdruck komme. Denn drei Preisträgerinnen habe es in der langen Geschichte der beiden Theaterpreise noch nie gegeben. Wie wichtig eine „feministische Theaterpolitik“ sei und dass es beim Thema Gleichberechtigung auch in der Theaterbranche noch größerer Anstrengungen bedarf, machte Klein in ihren Begrüßungsworten deutlich, bevor sie an Angela Dorn das Redezepter übergab. Die hessische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst betonte die Freiheit von Kunst und Kultur, die Bensheim an diesem Abend feiere und die in anderen europäischen Ländern aufgrund von Krieg und Unterdrückung der Menschenrechte nicht möglich sei. Mit dem Shakespeare-Zitat „Die Welt ist aus den Fugen“ ging Professor Hans-Jürgen Drescher, Präsident der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste, auf die Krisen unserer Zeit ein, die zu einem Narrativ geworden seien, das die Wahrnehmung unserer gesellschaftlichen Gegenwart beherrsche. Wenn das Narrativ der Krise die Oberhand gewonnen habe, gelte es, sich aus diesem Bann zu befreien und neue Erzählungen zu schaffen. Das Theater biete dafür alle Voraussetzungen und habe das Potenzial zu erzählen, dass alles auch anders sein könne: „Das Theater öffnet den Raum für das, was noch nicht denkbar ist“, so Drescher. In diesem Sinne bezeichnete er die Verleihung der Eysoldt-Ringe an Aumüller und Ziólkowska als „eine wunderbare Entscheidung der Jury um Karin Henkel, André Jung und Jossi Wieler“, bevor er in die Preisverleihungen des Abends überleitete.

Jurorin und Laudatorin Rita Thiele würdigte die junge Regisseurin Marie Schleef als „Verwegene“ ganz im Sinne Kurt Hübners, die neue ungewöhnliche Wege gehe. Mit ihrer Regiearbeit „Once I lived with a stranger“ habe sie ein gespenstisches und bildgewaltiges Stück geschaffen, das das Publikum „mutig, entschieden und unbequem“ herausfordere. Dass es dazu ein „mutiges Theater“ brauche, betonte Schleef in ihrer Dankesrede. Mit „dem fantastischen Team“ des Schauspiels Köln habe sie dieses gefunden. Die „Doppel-Laudatio“ auf die zwei Preisträgerinnen des Gertrud-Eysoldt-Rings hielt Nicolas Stemann. Den Regisseur verbindet mit Aumüller und Ziólkowska eine langjährige und intensive Zusammenarbeit. Bereits beim Probenbeginn zu „„Ödipus Tyrann“ wusste er die „große und schwere Sprache des Sophokles“ bei den beiden Preisträgerinnen in den besten Händen, die ihr „Talent an die Figuren leihen“ ohne sich dabei zu vergessen. „Wie das gelingt, ist euer Geheimnis und lässt sich mit logischem Denken nicht fassen – ein Wesenszug der Kunst“, so Stemann. Die Art und Weise, wie beide Schauspielerinnen in ihrem Zusammenspiel aufeinander eingingen, beweise nicht nur großes Talent, sondern sei vor allem ein Beweis von Empathie.

Eine Kostprobe dieses wundervollen Zusammenspiels erhielt das Publikum im Parktheater noch am selben Abend. Denn das Schauspiel-Duo Aumüller und Ziólkowska deklamierte nach der „berührenden Laudatio“ Stemanns seine Dankesrede im theatralischen Wechselspiel ganz im Stile der antiken Vorlage Sophokles‘. Dabei skizzierten sie unterhaltsam die Entstehungsgeschichte der Züricher Aufführung und schlossen ihren Auftritt mit einem fulminanten Gesangsbeitrag, ebenfalls eine Premiere für eine Eysoldt-Ring-Verleihung, unter tosendem Beifall des Publikums.

Der Gertrud-Eysoldt-Ring gilt als einer der bedeutendsten Theaterpreise im deutschsprachigen Raum und wird seit 1986 jährlich in Bensheim vergeben. Mit der Vergabe des Gertrud-Eysoldt-Rings, einem mit 10.000 Euro dotierten Ehrenring, würdigen die Stadt Bensheim und die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste eine schauspielerische Leistung an einer deutschsprachigen Bühne. Erste Preisträgerin war Doris Schade, ihr folgten große Schauspielerinnen und Schauspieler, wie Klaus Maria Brandauer, Cornelia Froboess, Corinna Harfouch, Nina Hoss, Ulrich Mühe, Ulrich Matthes und Tobias Moretti. Der „Gertrud-Eysoldt-Ring“ geht auf ein Vermächtnis des Journalisten und Theaterkritikers Wilhelm Ringelband zurück, der bis zu seinem Tod in Bensheim lebte und in seinem Testament einen Schauspielerpreis mit dem Namen von Gertrud Eysoldt verfügte.