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Unsagbares in Worte gefasst

Saga Grünwald las im Frauenbüro aus ihrem Roman „Zaunkönig“

Als die Autorin Saga Grünwald ihre Lesung mit den Gedichtzeilen „Leben heißt mein finstres Träumen/Schicksal heißt das grausge Lachen/Warum muss das Ende säumen?/Ich entschließ mich aufzuwachen“ beendet, herrscht betroffenes Schweigen im Frauenbüro Bensheim. Sind es doch die verzweifelten Zeilen einer Frau, die keinen anderen Ausweg mehr gesehen hat, als sich das Leben zu nehmen, um den Qualen zu entfliehen, die sie in einem SS-Bordell ertragen musste.

Bereits vor zwei Jahren war die Solinger Autorin, die damals noch unter dem Künstlernamen Sandy Green veröffentlichte, zu Gast im Frauenbüro, um aus ihrem Roman „Zaunkönigin“ zu lesen. Erstmals befasste sich die Autorin hier mit dem Thema der Häftlingsbordelle in den Konzentrationslagern des Naziregimes. Während ihrer Recherchen zu diesem Roman stieß sie auf eine noch erschütterndere Einrichtung der Nationalsozialisten – die SS-Bordelle, die in der Nähe der Konzentrationslager für das Wachpersonal eingerichtet wurden. Hier wurden überwiegend Häftlingsfrauen aus dem großen Frauenlager Ravensbrück oder den Frauenabteilungen der anderen Lager zur Prostitution gezwungen. Anders als in den Häftlingsbordellen, in denen strenge Regeln herrschten, war den SS-Schergen alles erlaubt. Sie wüteten mit unmenschlicher Grausamkeit und viele Frauen überlebten die Qualen nicht. Bis heute wurde dieses Thema nicht aufgearbeitet. Saga Grünwald will mit ihrem Buch den Frauen eine Stimme verleihen. Mit ihrem Roman „Leben heißt mein finstres Träumen“ ist es ihr gelungen, die schmale Gratwanderung zwischen Unerträglichkeit und Hoffnung in Sätze zu fassen.

Behutsam und mit viel Sensibilität versteht sie es, das Schicksal der Frauen mit Leben zu füllen, ihre Erinnerungen zu teilen, aus welchen sie ihre Kraft schöpften, aber auch ihre Hoffnungen, die sie am Leben erhielten. Dabei ersparte sie den Zuhörern nicht die schockierenden Szenen, die sich in den SS-Bordellen abgespielt haben und die sie sorgfältig recherchierte. Trotz all der Unmenschlichkeit, die die Autorin greifbar machte, schaffte sie es dennoch, die Zuhörer mit neuer Hoffnung zurück zu lassen. „Ich habe zwei Jahre gebraucht, um die richtige Sprache für das eigentlich Unsagbare zu finden“, sagte Saga Grünwald in der Diskussion, die sich nach dem ersten Atemholen entwickelte. Dabei wurde auch die Brücke zu den Formen sexualisierter Gewalt gegen Frauen geschlagen, wie sie noch heute auf der ganzen Welt zu finden ist, selbst in heimlichen Clubs mitten unter uns. Das ist ein Grund, warum Saga Grünwald einen Euro pro verkauftem Buch an ein Caritas-Projekt spendet, das sich für Opfer von Zwangsprostitution einsetzt.

„Leben heißt mein finstres Träumen“, erschienen im custos verlag, Solingen, (ISBN 978-3-943195-01-9, 140 Seiten, 9,90 Euro). Die 1969 als Saga Green in Mannheim geborene Autorin wuchs in Birkenau auf und lebt heute als freie Autorin Saga Grünwald in Solingen.   psp